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Ein Radverkehrsplan für Kempten
9. April 2009

Am 24. März 2009 stellten unsere Aktiven Herbert Müller (1. Vorsitzender) und Frank Peters in Kempten Herrn Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer, Frau Baureferentin Monika Beltinger und Herrn Tiefbauamtsleiter Markus Wiedemann unsere Idee eines Radverkehrsplanes vor.

OB Netzer war zwar der Meinung, dass er ein Radverkehrskonzept als isoliert und nicht notwendig betrachte. Die Radverkehrsbelange würden ja jetzt schon in der Rad­wege­kommission (Hr. Wiedemann) bearbeitet. Er war auch der Meinung, dass der Radverkehr nur im Rahmen eines Gesamt­verkehrs­konzepts betrachtet werden sollte.

Dennoch haben OB und Hr. Wiedemann angeboten, die Zusammenarbeit mit der Rad­wege­kommission (neuer Name „Arbeitskreis Radverkehr“) zu intensivieren.

Wir werden nun versuchen die Belange des Radverkehrs in Kempten verstärkt durch den Arbeitskreis Radverkehr voranzubringen. Herbert nimmt sich deshalb vor, ab der nächsten Sitzung am 30. März möglichst regelmäßig daran teilzunehmen (Unser 2. Vorsitzender Olaf Radeck nimmt bereits regelmäßig daran teil.).

(Herbert Müller, 24. März 2009)

Weiteres Vorgehen

Wir möchten Herrn Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer gerne zeigen, wie ein höherer Radverkehrsanteil zum erfolgreichen Erreichen von vier seiner fünf strategischen Ziele bis zum Jahr 2020 beitragen kann.

Herr Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer formulierte im Mai 2008, zu Beginn der neuen Legislaturperiode, insgesamt fünf strategische Ziele bis zum Jahr 2020.

Ein höherer Radverkehrsanteil trägt bei den folgenden vier dieser fünf Ziele entscheidend zum erfolgreichen Erreichen bei:

  1. Kempten, das wirtschaftliche Zentrum der Region.
    OB Netzer: Für die kommenden Jahre gilt es, sich als wirtschaftliches Zentrum weiter zu stärken und qualitativ auszubauen.

    ADFC: Wirtschaft benötigt auch eine gute Verkehrsinfrastruktur. Ein höherer Radverkehrsanteil entlastet die Straßen durch weniger Autostaus!

  2. Kempten, eine Stadt ohne Verschuldung
    OB Netzer: Schuldenfreiheit des städtischen Haushaltes bis spätestens 2020 – also Schuldenstand gleich null. Diese Zielsetzung dient der Generationengerechtigkeit. Durch eine konsequente Entschuldungspolitik würden wir uns Handlungsspielräume in den Haushalten der Zukunft schaffen.

    ADFC: Wie deutlich Radverkehr die kommunalen Kosten senkt, zeigen folgende Informationen des Umweltbundesamtes:

    Kosten der Kommunen

    Kostenprofil für die Ausgaben der Kommunen nach LCTP1:

    • Pkw: 2,13 Cent/Pkw-km

    • Fahrrad: 0,21 Cent/Rad-km

    Mit dem Rad statt mit dem Pkw: 1,92 Cent pro km gespart!

    Einsparpotenziale für Kommunen
    • Radverkehrsleistung in Deutschland: ca. 300 km pro Person und Jahr
      (in den Niederlanden ca. 1000 km)

    • 100 km mehr Rad statt Auto:
      124.800 € Einsparungen (bei 65.000 Einw.)

    • Fahrradfahren wie in den Niederlanden:
      873.600 € Einsparungen (bei 65.000 Einw.)

    Kostenbeispiele Infrastruktur
    • 1 Pkw-Stellplatz: ca. 5500 €

    • 1 Fahrradabstellplatz: ca. 100 €


    • 1 km Schnellstraße: mehrere Millionen €

    • 1 km baulicher Radweg: ca. 100.000 €

    • 1 km Radfahrstreifen: ca. 10.000 €

    Gewinnfaktor Lebensqualität
    • Attraktive Innenstädte mit wenig Kfz-Verkehr:

      • In Basel konnte die Abwanderung der Einwohner mit einer fußgänger- und fahrradfreundlichen Verkehrspolitik und Reduzierung der Belastung durch den motorisierten Verkehr gestoppt und zwischen 1990 und 1995 circa 3000 neue Einwohner gewonnen werden.

    • Weniger Abwanderung ins Umland: Steuerzahler bleiben in der Stadt.

    • Gute Erreichbarkeit mit dem Rad stärkt den lokalen Einzelhandel.

    • Voraussetzung für Tourismus

  3. Kempten, eine Vorzeigestadt im Klimaschutz
    OB Netzer: Auch das sind wir unseren nachfolgenden Generationen schuldig. Darum setzen wir uns zum Ziel, durch eine aktive Politik die Klimaschutzbilanz der Stadt auf einen besseren Stand zu bringen als alle anderen Städte Deutschlands in vergleichbarer Struktur.

  4. Kempten – demographische Entwicklung bewältigen
    OB Netzer: Hinter den drei Worten „demographische Entwicklung bewältigen“ verbirgt sich eine große Herausforderung. Es geht zunächst darum, unsere Stadt so familien­freundlich zu gestalten, dass sich Familie, Kinder und Jugendliche in ihr wohlfühlen.

    ADFC: Mehr Lebensqualität: Mehr Alltagsradverkehr entlastet die Innenstadt durch weniger Autostaus, weniger Lärm und weniger Abgase. Dann werden junge Familien auch gerne nach Kempten ziehen.

Wege zur Steigerung des Radverkehrsanteils

Ein Radverkehrsplan, der erfolgreich den Radverkehrsanteil steigern soll, besteht jedoch nicht nur aus Radwegen, sondern muss umfassend sein. Dazu gehören u. a. auch (ungewichtet, unsortiert)

  • Verankerung der Radverkehrsbelange bei städtischen Planungen,

  • wiederkehrende Information und Kommunikation (Marketing für das Radfahren, Verleihsysteme, Wegweisung, Mobilitätserziehung an Schulen, Image-Werbung, PR-Kampagnen, Logo),

  • Berücksichtigung der Radverkehrsbelange beim Neu- bzw. Ausbau von Straßen (Radverkehrsführung, Radspuren, Angebotsstreifen),

  • ein attraktives durchgängiges Radroutennetz,

  • bedarfsgerechte Fahrradabstellanlagen (Stellplatzordnung, Fahrradparkhäuser),

  • optimale Vernetzung mit dem ÖPNV,

  • Entscheider/Beteiligte/Ausführende (Bürgermeister, Verwaltung, Stadtrat, ADFC),

  • Leitlinien für eine zukunftsfähige Verkehrsentwicklung (Fördern der Nahmobilität, Verkehrsvermeidung, Verlagerung auf Umweltverbund, Verkehrsberuhigung),

  • ausreichende Haushaltsmittel für den Radverkehr,

  • Förderung des innerörtlichen Radverkehrs / Schaffung eines geänderten Mobilitätsbewusstseins (mit dem Rad zur Arbeit, zur Schule, zum Sport, zum Einkaufen, zum ÖPNV),

  • die ständige Qualitätskontrolle aller Maßnahmen,


Diese Punkte wollen wir im Arbeitskreis Radverkehr angehen.

Um deutlich zu machen, dass es um mehr als nur Radwege geht, wurde die Rad­wege­kommission in „Arbeitskreis Radverkehr“ umbenannt.



1LCTP: Least Cost Transportation Planning – Umweltentlastung und Kostenreduzierung im Verkehr durch Verkehrsplanung: Anhand des Least Cost Planning-Konzeptes können Verkehrs­planungs­vorhaben im kommunalen Bereich auf ihren Umwelteffekt und auf ihre Kosten hin geprüft werden. (siehe http://www.umweltbundesamt.de/verkehr/verkehrsplan/lctp/lctp.htm)